…und viel wichtiger, lebst du einen gesunden Perfektionismus? Wie oft hast du schon verzweifelt den perfekten Partner zu deinem Socken morgens gesucht? Nur um damit wichtige Minuten zu verschwenden, die dich dann den Bus verpassen oder zu einem Morgensprint/Fahrradmarathon gezwungen haben?
Dieser Artikel soll dir helfen, Situationen einschätzen zu lernen, in denen Perfektion sinnvoll ist und wann der Perfektionismus auch mal in den Sockenschrank gesperrt werden darf. Du erfährst zudem, was eine positive Fehlerkultur in einem Unternehmen ausmacht und warum Fehler so wichtig für unsere Weiterentwicklung sind.
Als Kind habe ich noch an Vieles geglaubt: dass der Storch die Kinder bringt, man für gutes Wetter seinen Teller leer essen muss und es fatale Folgen hat, zwei verschiedene Socken anzuziehen. Doch ist es wirklich so schlimm im Laufe seinen Lebens mal den Partner zu wechseln und neue Kombinationen auszuprobieren?
Ich denke sowohl wir als auch unsere Socken sagen dazu: „Nein!“
Doch wie kommt es, dass wir im Alltag, im Job oder in Beziehungen immer denken, wir müssten noch besser, noch kreativer, noch mehr Leistung und Perfektion bieten? Unsere Gesellschaft lehrt uns schon von klein auf, dass Fehler etwas Negatives sind und möglichst vermieden werden sollen. Es fällt uns oft sehr schwer, sowohl kleine als auch größere Fehler im Job oder im Privaten zuzugeben.
Dies liegt nicht nur an den erwarteten Konsequenzen und Strafen, sondern auch an unserer Selbstenttäuschung und der Angst vor Ablehnung oder der Minderung unseres Ansehens bei Kolleg*innen oder im Freundeskreis. Oft verheimlichen wir daher unser Misslingen oder unsere Fehleinschätzung/- bewertung oder wollen diese unbemerkt ausbügeln, woraus sich jedoch nicht selten noch schlimmere Auswirkungen ergeben.
Wir setzen die Erwartungen an uns selbst oft viel höher als an Menschen in unserer Umgebung. Denn wenn wir uns ehrlich fragen, wie wir auf Fehler von Mitmenschen reagieren, fällt dies oft weniger kritisch aus, als wir bei eigenen Fehlleistungen befürchtenMacht es den/die Kollegen*in nicht oft sogar sympathischer, wenn sie einen Fehler beichtet als mit jemanden zusammen zu arbeiten, der scheinbar IMMER ALLES richtig macht?
Auch Albert Einstein wusste schon
„Wer noch nie einen Fehler gemacht hat, hat sich noch nie an etwas Neuem versucht.“
In vielen anderen Ländern wird mit Fehlern sehr viel toleranter und sogar befürwortend umgegangen. Der Wirtschaftspsychologe und Fehlerforscher Michael Frese erforschte die Fehlertoleranz in 61 Ländern. 59 Ländern wiesen dabei eine positivere Fehlerkultur auf als der deutschsprachige Raum. Nur das immer noch sehr autoritär geführte Singapur schnitt im Vergleich noch schlechter ab. In Amerika hingegen werden Fehler ganz nach dem Motto „Fail fast. Fail often“ sogar gefeiert und große Namen wie der Paypal-Gründer Max Levchin erzählen selbstbewusst vom großen Knall ihres anfänglichen Scheiterns. Daran könnten sich einige Politiker oder Unternehmensführer in Österreich eine Scheibe abschneiden. Amerika versucht aus Fehlern zu lernen und nutzt sie beispielsweise in sogenannten „FailCons“-Konferenzen im Silicon Valley, um aus dem Scheitern von Unternehmen Lerneffekte zu gewinnen.
Fehler beruhen meist auf mangelnden Prozessstrukturen, Kommunikationsproblemen oder unklaren/lückenhaften Arbeitsaufgaben. Somit wäre die Analyse von Fehlern für viele Unternehmen der Türöffner zur Verbesserung und Weiteroptimierung, welche viele Führungskräfte jedoch leider geschlossen lassen. Bei einer im Mai 2019 unter Berufstätigen in Österreich durchgeführten Umfrage zur Fehlerkultur sagten 48,6 Prozent, dass bei Fehlern nicht nach der Ursache sondern nach dem Schuldigen gesucht wird. 37,9 % der Befragten gaben an, dass an ihrer Arbeitsstelle Fehler lieber vertuscht als angesprochen würden. Innovation kann nur da gelingen, wo Risikobereitschaft, Mut und Kreativität gefördert wird und niemand mit Sanktionen rechnen muss, wenn die ersten Versuche noch scheitern.
Die 6 wichtigsten Schritte für eine agile Fehlerkultur
Die 6 wichtigsten Schritten für eine agile Fehlerkultur sind:
- Fehlerbewusstsein
- Fehlerakzeptanz
- eine neutrale Fehlerkommunikation
- Sanktionsfreiheit
- gemeinsame Fehleranalyse um eine positive Veränderung von Verhalten und Umständen zu erreichen
Man sollte jedoch das Streben nach Perfektion per se nicht verteufeln. Es ist natürlich sehr förderlich, von sich selbst immer das Beste zu fordern und Aufgaben möglichst positiv zu erfüllen um Erfolge zu erzielen. Es gibt auch Bereiche in denen Fehler und das Prinzip „trial and error“ einfach nicht umsetzbar sind. Denn wie würden sie reagieren, wenn ihr behandelnder Arzt ehrlich zugibt, er habe heute aus Versehen anstatt den Blinddarm, die Leber entfernt? Aber beim nächsten Mal klappt’s bestimmt. Nein, es ist ziemlich gut, dass wir stets unser Bestes geben und gravierende Fehler so gut es geht vermeiden.
Woher kommt der Wunsch nach Perfektion?
Der Perfektionismus bietet uns Chancen und Gefahren. Wichtig für unser Wohlbefinden ist es, zu beurteilen inwieweit unser Perfektionsstreben uns fördert und wann der Wahn nach Perfektionismus gesundheitsschädlich ist. Hierfür ist es wesentlich zu hinterfragen, woher der Wunsch nach Perfektion in der jeweiligen Situation kommt und welche Motivation mich leitet:
- Möchte ich mir selbst beweisen, wie außergewöhnlich gut ich etwas kann/ weiß?
- Möchte ich für meine herausragende Leistung Lob und Anerkennung von meinem Umfeld
- erfahren?
- Möchte ich aus Angst vor Ablehnung oder Kritik eine besonders gute Leistung abliefern?
- Möchte ich dem Druck der Gesellschaft nach Fehlerlosigkeit nachkommen?
5 Tipps um Perfektionismus Positiv zu Nutzen
Wenn das Streben nach Perfektion dich dabei zu sehr unter Druck setzt und du dir wünscht etwas gelassener auf Anforderungen zu blicken, folgen diesen 5 Tipps, die dir helfen, deinen Perfektionismus positiv zu nutzen:
- Setze dir realistische und kleinere Zwischenziele Gleich den Mount Everest zu besteigen schafft niemand, aber wie wäre es mit den Treppen bis zum Büro im 2.Stock? Sogenannte „mini habits“ (kleine positive Veränderungen im Alltag) führen oft zum langfristigeren Erfolg.
- Setze dir Prioritäten Welches ist dein wichtigstes Ziel und welche Aufgaben sind eher zweitrangig Hast du eine klare Prioritätenliste verzettelst du dich weniger schnell in unwichtigen Teilaufgaben.
- Höre auf dich zu vergleichen Jeder hat seine Stärken und Schwächen und immer wird es jemanden geben, der noch schlauer, sportlicher oder charismatischer ist. Versuche dich auf deine Stärken zu konzentrieren. Welche Eigenschaften schätzen und bewundern deine Kolleg*innen/Freunde an dir? Versuche diese zu nutzen.
- Arbeite an deinem Selbstwertgefühl Strebst du vor allem nach Perfektion um andere zu beeindrucken oder Anerkennung zu bekommen? Dann solltest du herausfinden, warum du diese Bestätigung brauchst und wie du selbst an deinem Selbstbewusstsein arbeiten kannst.
- Begreife Misserfolge und Kritik als Chancen Wenn wir neue Dinge lernen, in schwierigen Entscheidungsprozessen stecken oder 1000 andere Sachen im Kopf haben ist es menschlich und natürlich Fehler zu machen. Wichtig ist dabei zu ihnen zu stehen, sie zu akzeptieren und nicht nur die Zeit zurück drehen zu wollen. Wir müssen die Möglichkeit annehmen, aus unseren Fehlern zu lernen, indem wir konstruktives Feedback einfordern, zusammen nach Lösungsstrategien suchen und es beim nächsten mal schon etwas perfekter machen zu können.
Perfektion erreichen und Fehler akzeptieren
Perfektion für uns selbst erreichen wir, indem wir aus unseren Fehlern lernen, mit unseren Schwächen umgehen können und uns auf Lösungen fokussieren indem wir nach dem Motto leben: „Forget the mistake, remember the lesson“.
Perfekt = das Unperfektsein feiern!
Also lasst uns Neues wagen, lasst uns Fehler machen und lasst uns dabei bunte Socken tragen!
Schreib uns, wenn auch du gerne bunte Socken trägst!