Wären wir ohne Arbeit wirklich glücklicher?
Die Füße im warmen Sand…, der Blick über das weite Bergpanorama…, hoch über den Wolken fliegend…
In solchen Momenten hatten wohl schon viele den Gedanke: “Das Leben wäre so schön, wenn ich doch nie wieder arbeiten müsste.”
Oft stellen wir uns dieses Leben als Sorgen und Stressfrei, sowie voller wunderbarer, spannender Momente vor. Doch ist ein Leben ohne berufliche Verantwortung wirklich so erstrebenswert oder würde uns nicht doch etwas zur Erfüllung unseres Lebensglücks fehlen???
Der nachfolgende Artikel beschäftigt sich mit dem Thema, auf welche Art Arbeit unser Leben bereichern kann (abgesehen von dem finanziellen Aspekt) und warum wir vielleicht gar nicht vollkommen darauf verzichten können/wollen.
Im Lotto gewinnen, ein unfassbar großes Erbe antreten und nie wieder arbeiten müssen, das ist wohl der Traum vieler Menschen. Doch oft zeigt sich, dass auch sehr reiche Menschen unglücklich sind, obwohl sie sich nicht dem alltäglichen Arbeitsstress unterziehen müssen. Ist es wirklich die Arbeit, die uns unglücklich macht oder können wir mit einer neuen Sichtweise und Herangehensweise an die Arbeit diese nicht nur als notwendigen, sondern auch positiven Teil unseres Lebens annehmen?
Die folgenden sechs Gründe sollen dir zeigen, warum eine auf deine Fähigkeiten und Interessen abgestimmte Berufstätigkeit dich glücklicher und zufriedener machen kann, als 24/7 am Strand zu relaxen…
1. Arbeit macht uns glücklich, denn sie dient dem Wissenserwerb
Lernen ist wichtig für unsere Gesundheit.
Der intrinsisch motivierte Prozess des Lernens bringt uns dazu, unsere Umwelt begreifen zu wollen.
Wir lernen täglich…
Neben dem reinen Erlernen von Wissen mit kognitiven Lerninhalten, gibt es auch das affektive Lernen und das Erwerben von psychomotorischen Inhalten, die unser Können und unsere Fertigkeiten betreffen. Durch das Wiederholen von Wissen oder Tätigkeiten werden die Verknüpfungen in unseren Nervenzellen gestärkt und Verbindungen gebildet. Dank der Neuroplastizität ist unser Gehirn formbar, wir können ein Leben lang neue Gehirnzellen bilden und täglich unsere Synapsen vergrößern. Bei Unterforderung kann das Gehirn aber auch ganz nach dem Motto “use it or loose it” schrumpfen und Gelerntes vergessen.
Die österreichweite Benefits-of-Lifelong-Learning-Studie konnte zeigen, dass Weiterbildungskurse für Erwachsene bei 70 % der Teilnehmer das Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil steigerten und 87,8 Prozent sich danach selbstbewusster fühlten.
Auch wenn wir im Alltag fern von der Arbeit, in unserer Freizeit beispielsweise durch Hobbys, Reiseerfahrungen, freiwilligen Hilfe oder Beziehungen aller Art, viel Weltwissen und Zwischenmenschliches erleben und erlernen, bietet unser Arbeitsfeld dennoch einen speziellen Bereich in dem wir unser Wissen gezielt erweitern können. Durch die täglichen Herausforderungen im Beruf oder Weiterbildungsmöglichkeiten erweitern wir unser Fachwissen und trainieren unsere Gehirnzellen. Wie schon während der Schul- oder Studienzeit hilft es, etwas Druck von außen zu spüren, um sich spezifisches Wissen anzueignen, welches auch für den Alltag von Nutzen sein kann. Zudem steigt die Selbstzufriedenheit und Selbststolz, wenn man erkennt, dass man in einem Bereich besonders gute Leistungen erbringt und immer besser wird in seinem Tun. Die Sinnhaftigkeit in dem Arbeits-Content zu finden, ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir uns für einen Job entscheiden.
>> Knowledge does not give you power but it is the potential for power. <<
2. Arbeit gibt uns Lebensstruktur
- Wann würdest du aufstehen, wenn nur das Frühstück auf dich wartet?
- Wie viel würdest du lernen, wenn kein Lehrer dich danach fragt?
- Was würdest du studieren, wenn du für dein Leben genug Geld auf deinem Bankkonto hast?
Viele würden sich in ihrer Wahl wohl um einiges freier fühlen, aber würden wir ehrlicherweise nicht auch viel weniger tun, wenn wir nicht ein bisschen dazu gewunden wären?
Du kennst bestimmt das Phänomen, dass wenn du besonders viel Zeit hast, du besonders wenig schaffst. Die Illusion, alle Zeit der Welt zu haben, lässt uns oft Dinge aufschieben und uns verzetteln.
Wenn du dir hingegen am Vorabend einen Plan machst, was du alles erledigen willst, schaffst du dies auch meistens.
Ohne Struktur in unserem Leben, ohne Aufgaben, ohne Arbeitsbeginn und Arbeitsende, hätten wir vielleicht viel mehr Zeit in unserem Leben, doch würden diese wohl nicht so effektiv nutzen.
Struktur schafft schon in der Kindheit einen Orientierungspunkt, eine Sicherheit und damit einhergehend ein Vertrauen in die Welt, in andere Personen und sich selbst.
Sie gibt uns einen stabilen Rahmen, in dem wir unsere Fertigkeiten entfalten und unser Selbstvertrauen stärken können. Viele Berufstätige konnten vielleicht während der Corona-Krise im Homeoffice feststellen, dass sie anfälliger für Stress sind. Dies liegt auch daran, dass unsere gewohnte Tagesstruktur meist an unsere Chronobiologie angepasst ist. Dies ist die zeitliche Organisation von physiologischen Prozessen und Wiederholungen in unserem Körper, die beispielsweise den Proteinhaushalt und damit unsere Launen beeinflussen. Um sich komplett selbst ohne Rahmenbedingungen zu strukturieren, erfordert es ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Organisation, welchem unser natürliches Faulheits-Gen häufig in die Quere kommt.
3. Arbeit macht unser Leben Produktiv
Unsere Arbeit sollte für uns mehr sein als das Mittel zum Zweck unser Bankkonto zu füllen. Denn Sinn in unserer Arbeit finden, die Rolle in unserer Gesellschaft erkennen und das eigene Selbstwertgefühl stärken, sind wichtige Teile unserer Berufung. Sich bewusst zu werden, wer in welcher Form von unserer Tätigkeit profitiert, erzielt laut einer Studie des Psychologen Adam Grant, deutlich bessere Verkaufserlöse. In manchen Bereichen fällt es leichter den Sinn unserer Tätigkeit zu erkennen, wie beispielsweise in sozialen oder entwicklungsrelevanten Bereichen, doch alle Jobs tragen in irgendeiner Weise zu einem höheren Ziel für die Allgemeinheit bei, davon ist auch die Sinnforscherin Tatjana Schell überzeugt.
Merkmale um die Sinnhaftigkeit im Beruf zu finden:
- Bedeutsamkeit & positive Konsequenzen
- Kohärenz & Vereinbarkeit mit meinem Lebensstil
- Orientierung & Akzeptanz der Unternehmensziele
- Zugehörigkeit, Wertschätzung & Verantwortung
Die große Frage nach dem “Why?” zufriedenstellend beantworten zu können, ist ein wichtiges Kriterium, um sich in seiner Arbeit als wertvoll und bedeutend anzuerkennen. Oder wie Nietzsche wusste: „Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie.“
Wer längere Zeit ohne sinnstiftende Tätigkeit verbringt, läuft häufig Gefahr, den Zweck seines Daseins zu hinterfragen und das Gefühl der produktiven Selbstzufriedenheit zu vermissen.
Egal ob wir Dinge mit unseren Händen erschaffen oder mit nichtmateriellen Engagement unserer Gesellschaft dienen, worauf es ankommt, ist, dass wir durch unsere Arbeit einen Sinn für uns und dadurch vielleicht auch für unser Leben erkennen.
>> The desire to create is one of the deepest yearnings of the human soul. <<
4. Arbeit unterstützt die Sozialisation
Vor allem während der Corona-Zeit haben es wohl viele gemerkt: auch unsere Arbeitskollegen sind Menschen, die wir vermissen können. Neben unseren engen Beziehungen in der Familie, zu Lebenspartner*innen oder Freunden konnte in der Pandemie festgestellt werden, dass auch alltägliche Sozialisation mit Fremden oder Arbeitskollegen maßgeblich zum Wohlbefinden beiträgt. Für die psychische und körperliche Gesundheit sind soziale Kontakte essentiell wichtig, bestätigte auch das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.
In einer Studie wurde erforscht, dass erhöhtes psychisches Wohlbefinden in Zusammenhang mit hohem sozialen Kontakt steht, v.a. bei Menschen mit starker sozialer Kompetenz (d.h. einer hohen Verträglichkeit und von sozialer Unterstützung profitieren). Diese Personen weisen zudem ein größeres Volumen der grauen Substanz im anterioren cingulären Cortex der Großhirnrinde auf, welches sich positiv auf die Verarbeitung und Einordnung von Gefühlen und somit die Resilienz und dem Risiko für psychische Erkrankungen auswirkt. Nach der Schule oder der Ausbildung ist der Arbeitsplatz einer der wichtigsten Orte, der uns die Möglichkeit bietet, Menschen kennen zu lernen und Freundschaften zu bilden. In einer Studie der Plattform Statista gaben nur 18 Prozent der Befragten an, Berufliches und Privates strikt zu trennen und mehr als ein Drittel traf sich gerne mit den Arbeitskolleg*innen auch privat.
>> Overcome the elephant between (working-)partners! <<
5. Arbeit bedeutet Wissensweitergabe
Nicht nur, um unser eigenes Wissen zu sammeln, sondern auch unser Wissen weiterzugeben, schafft Freude und Sinnerfüllung. Diese Chance erhalten wir nicht nur als Lehrer*in oder als Manager*in eines Unternehmens, sondern auch in niedrigeren Positionen, wenn wir z.B. neue Mitarbeiter*innen oder Praktikant*innen einlernen dürfen/sollen. Wenn Andere von uns lernen können, erfüllt uns das mit Stolz und auch dem Gefühl von Macht und Einfluss auf den Neuzugang. Als Vorbildfunktion entwickeln wir ein Verantwortungsgefühl für die Lernenden und streben selbst eine perfektere Ausführung unserer Tätigkeit an.
>> Share your knowledge. It is a way to achieve immortality. <<
6. Wer arbeitet entwickelt Freizeitliebe
Wie sehr freust du dich auf den 1.Urlaubstag und wie sehr auf den dritten?
Wahrscheinlich freut sich jeder mehr, wenn er am 1.Urlaubstag starten kann.
Nach getaner Arbeit den Feierabend zu gehen oder den Feiertag richtig auskosten und genießen, getreu nach dem Motto “erst die Arbeit, dann das Vergnügen” kann auch die Arbeit davor das Vergnügen danach vergrößern.
Wir haben das Gefühl, dass wir die freie Zeit verdient haben, es ist ein besonderes Geschenk, dass wir nicht immer haben können. Wir füllen diese Zeit mit besonders schönen, erholsamen oder interessanten Inhalten, denn wir haben nicht unbegrenzt davon. Dinge, die wir nicht zur freien Verfügung haben, kommen uns sehr viel wertvoller vor, wie beispielsweise ein leckerer Cocktail im Vergleich zum auch sehr leckeren Leitungswasser. Bestimmt kennst du auch das Gefühl, wenn du zu lange frei hast, dass du die Zeit nicht mehr wirklich genießen kannst, dich langweilst und dich dann vielleicht sogar wieder auf die Arbeit oder eine sinnerfüllte Tätigkeit freust? Zugegeben, dafür müssen oft mehrere Wochen oder Monate ins Land gehen, aber umso länger wir keine Aufgabe haben, umso weniger können wir unsere freie Zeit genießen. Unter anderem aus diesem Grund sind Arbeitslose auch häufiger von psychischen Erkrankungen wie Depressionen betroffen, als Erwerbstätige.
>> It is not about having time. It is about making time. <<
Wenn du dich intensiver mit uns zum Thema Arbeit austauschen möchtest, schreib uns!